Es ist naiv zu glauben, man könne das Bevölkerungswachstum in die Schweiz dadurch beschränken, dass unsere Entwicklungshelfer weltweit Verhütungsmittel verteilen. Genau das aber will die Ecopop-Initiative.
von Felix Müri, Nationalrat, Emmenbrücke LU
Keine Frage: Die Ecopop-Initiative nimmt ein wichtiges Anliegen auf. Und sie ist Ausdruck der grossen Sorge innerhalb der Bevölkerung gegenüber der masslosen Einwanderung in unser Land. Aber: Die Initiative schiesst weit übers Ziel hinaus. Sie verknüpft eine starre und rein quantitative Begrenzung der Zuwanderung mit dem Einsatz von 10 Prozent der Gelder der Entwicklungszusammenarbeit für die Familienplanung in den Entwicklungsländern. Ich sage: Es kann nicht Aufgabe der Schweiz sein, in anderen Ländern Familienplanung zu betreiben und entsprechende Massnahmen umzusetzen. Was soll jedes Jahr mit einer dreistelligen Millionensumme aus Schweizer Steuergeldern bezahlt werden? Kondome in Kambodscha? Anti-Baby-Pillen in Äthiopien? Unterbindungen in der Mongolei?
Bei den wahren Ursachen ansetzen
In den Medien werden die wahren Gründe der weltweiten Wanderungen meist ausgeblendet. Auch in unseren Beratungen der ausländer- und asylrechtlichen Erlasse im Parlament und in den Kommissionen werden die wirklichen Ursachen der Zuwanderung meist übergangen, und man beschränkt sich auf eine Bekämpfung der Symptome. Gerade bei den Revisionen des Asylgesetzes tun wir immer noch so, als ob die zahlreichen Asylsuchenden politisch Verfolgte wären, die hier in unserem Land Schutz vor ihren Häschern suchten. Damit wir uns richtig verstehen: Ich stelle keineswegs in Frage, dass es unter den vielen Asylsuchenden tatsächlich Personen gibt, die hier in Europa Schutz vor Verfolgung suchen. Wenn man sich aber die Bilder der unzähligen Flüchtlingsboote mit Frauen und Kindern vor Augen führt, die seit Jahren von den afrikanischen Küsten Richtung Italien, Spanien und Malta aufbrechen und ihr Glück versuchen, wird schnell deutlich, dass die Ursachen dieser Flucht in aller Regel wirtschaftlicher Natur sind. Was immer auch die Beweggründe dieser Menschen für das Verlassen ihres Heimat- und Herkunftslandes sein mögen: Die Perspektivenlosigkeit als Folge fehlender Lebens- und Existenzgrundlagen, als Folge von Armut und Unterentwicklung gehört weltweit zu den bedeutendsten Ursachen der Migration.
Initiative schiesst übers Ziel hinaus
Eine Illusion ist es aber zu glauben, wie dass die Ecopop-Initianten tun, dass es die kleine Schweiz in der Hand hat, das globale Bevölkerungswachstum durch die Förderung einer freiwilligen Familienplanung wirksam zu steuern. Die Ecopop-Initiative anzunehmen hiesse konkret, den Zuwanderungssaldo von derzeit rund 80’000 Personen pro Jahr ohne Übergangsfristen auf 16’000 Personen herunter zu reduzieren. Es liegt auf der Hand, dass eine derart rasche und tiefgreifende Reduktion der Zuwanderung für die Schweiz in verschiedenster Hinsicht nicht verkraftbar wäre. Ich denke einerseits an die verheerenden Folgen dieser brüsken Zulassungsbegrenzung für unsere Unternehmen, andererseits an die praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Initiative. Gerade die kürzlich Annahme der Zweitwohnungs-Initiative hat uns deutlich vor Augen geführt, wohin verlockende, aber kaum realisierbare Zielsetzungen führen können.
Masseneinwanderungsinitiative jetzt umsetzen
Mit Annahme der Masseneinwanderungsinitiative gilt es, die Zuwanderung in unser Land zu steuern und zu beschränken. Volk und Stände haben sich am 9. Februar dafür ausgesprochen. Für ein derart starres System und brüske Reduzierung der Zuwanderung - wie in die Ecopop-Initiative vorsieht - besteht deshalb seit der Annahme der Volksinitiative auch keine Veranlassung mehr.
Durchsetzungsinitiative startbereit
Für die SVP-Fraktion ist es zentral, jetzt rasch die konsequente Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung sicherzustellen. Wir werden es nicht zulassen, dass die Abstimmungsverlierer die am 9. Februar beschlossene Verfassungsbestimmung verwässern. Der Bundesrat hat nun am 20. Juni ein Konzept zur Umsetzung vorgelegt. Er hat sich beim Zulassungssystem in verschiedenen Punkten ganz offensichtlich am von der SVP erarbeiteten Umsetzungskonzept orientiert. Dies ist erfreulich. Dennoch gibt es im Hinblick auf die Vernehmlassungsvorlage beträchtlichen Nachbesserungsbedarf, z.B. in Bezug auf die zwingend notwendige Beschränkung des Familiennachzugs und des Zugangs zu den Sozialwerken, damit die Verfassungsbestimmung korrekt und wirkungsvoll umgesetzt werden kann. Für die SVP ist klar: Die Zuwanderung ist effektiv zu begrenzen und zu reduzieren.
Sollte sich herausstellen, dass die Umsetzung - wie auch bei der Ausschaffungsinitiative - hintertrieben werden soll, wird die SVP eine Volksinitiative lancieren, die den Bundesrat verpflichtet, das Abkommen über die Freizügigkeit zu kündigen. Die Parteileitung hat am 2. Juni den Auftrag erteilt, eine entsprechende Volksinitiative auszuarbeiten.