(Blick, Sermîn Faki)
Die Migros druckt ihre Prospekte im Ausland. Und sie ist nicht allein: Auch Bundesverwaltung, SBB, Post und Swisscom gehen aus Kostengründen fremd. SVP-Nationalrat Felix Müri fordert, dass der Bundesrat das abstellt. Die Migros kämpft an vorderster Front gegen den Einkaufstourismus. Der Grossverteiler fordert daher, dass Einkäufe im grenznahen Ausland durch eine Steuer verteuert werden – und sich so nicht mehr lohnen. Dieselbe Migros geht allerdings selbst fremd, um zu sparen. So vergibt sie viele Druckaufträge ins Ausland, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Beispielsweise lässt sie Prospekte und Broschüren zu 85 Prozent in Deutschland drucken – Schweizer Druckereien, die immer mehr kämpfen müssen, gehen leer aus.
Doppelmoral auch beim Bund
Doch das Verhalten der Migros ist nur die Spitze des Eisbergs. Beim Bund herrscht nämlich eine ganz ähnliche Doppelmoral: Das traditionelle Bundesratsfoto 2016 liess der damalige Bundespräsident Johann Schneider-Ammann vor den Maschinen der Berner Druckerei Stämpfli aufnehmen, um die Verbundenheit der Landesregierung zum einheimischen Werkplatz zu demonstrieren. Im täglichen Geschäft aber lässt auch der Bund im Ausland drucken, wie aus der Antwort auf einen Vorstoss von SVP-Nationalrat Felix Müri hervorgeht: Zwischen 2011 und 2015 gingen zwischen zwei und sechs Prozent der Druckaufträge nicht an Schweizer Anbieter.
«Abstimmungsbüchlein aus dem Ausland»
Müri ärgert das: «Die rund 800 Unternehmen bieten 10'000 Arbeitsplätze und 1500 Ausbildungsplätze an. Es kann nicht sein, dass sie bei Aufträgen, die mit Steuergeldern finanziert werden, nicht zum Zug kommen», so der Luzerner. Er befürchtet, dass der Anteil der im Ausland angefertigten Drucksachen noch zunimmt. Denn aus Spargründen würde der Bund möglichst viele Aufträge bündeln, weil es so bessere Konditionen gibt. Aber ab einer gewissen Grösse müssen die Aufträge dann gemäss WTO-Richtlinien international ausgeschrieben werden. «Hier haben Schweizer Druckereien wegen ihrer hohen Kosten keine Chance», sorgt sich Müri. «Das führt noch dazu, dass das Abstimmungsbüchlein aus dem Ausland kommt.»
Staatsbetriebe im Visier
fünf Prozent aller Druckeraufträge ins Ausland, bei der Swisscom gar 25 Prozent. Diese hohe Zahl ist gemäss Landesregierung auf die italienische Tochter astweb zurückzuführen, welche ihre Beschaffungen direkt in Italien vornehme.
SBB lässt Kundenmagazin in Deutschland drucken
Auch die SBB lässt neuerdings im Ausland drucken. Das Kundenmagazin «Via», das an allen Bahnhöfen und in vielen Zügen ausliegt, kommt nicht mehr aus dem solothurnischen Derendingen (BLICK berichtete). «Sondern aus dem deutschen Pforzheim», ärgert sich Müri. «Wenn dem Bundresrat die grafische Industrie wirklich ein grosses Anliegen ist, wie er mit dem Bundesratsfoto vorgibt, muss er das abstellen.»