Weltraumforschung und Weltraumindustrie gewinnen wieder an Bedeutung. Visionäre Ideen von privaten Akteuren und die zunehmende sicherheitspolitische und kommunikationstechnologische Wichtigkeit von Satellitentechnologie führen zu diesem Bedeutungszuwachs. Es scheint so, als ob der Spirit von Apollo 11 verbunden mit unternehmerischen Werten am Zurückkehren wäre. Gleichzeitig steht uns auf technologischer Seite eine massive Preisreduktion bevor, um Mensch und Material in den Weltraum zu befördern.
Gerne bitte ich den Bundesrat um Auskunft über folgende Fragen:
1. Wie beurteilt er die aktuelle Situation, und wie reagiert er mit seiner Weltraumpolitik auf aktuelle Ereignisse und Entwicklungen?
2. Wie gewährleistet er eine kohärente und integrierte Weltraumpolitik, da doch in diversen Verwaltungseinheiten und Departementen Weltraumkompetenzen vorhanden sind (SBFI, Seco, UVEK, Kommando Operationen, NDB, Ruag, EDA)?
3. Wie steht er dazu, und wie positioniert er sich, wenn vermehrt private Akteure für die Zukunft der Weltraumpolitik relevant oder sogar dominant werden?
4. Wie bindet er Schweizer Kompetenzen in seine Weltraumpolitik ein, aus dem Bereich Weltraumindustrie, von Schweizern in internationalen Organisationen (ESA oder Uno), Schweizern in Spitzenpositionen in ausländischen Weltraumorganisationen (z. B. Nasa), Start-ups aus diesem Bereich (Business Incubation Center ESA an der ETH), Akteure aus der Weltraumforschung?
5. Wie weit sind die Abklärung und Tätigkeiten in Bezug auf das Thema "Rechtsrahmen für Weltraumbergbau schaffen" (vgl. Interpellation 16.3554, "Rohstoffgewinnung im Weltraum")?
6. Wie sehen die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz für Weltraumtourismus aus?
7. Welche Auswirkungen hätte eine massive Reduktion des Preises von Raketenstarts für die Weltraumpolitik der Schweiz?
Stellungnahme des Bundesrates vom 22.08.2018
1. Der Bundesrat beobachtet permanent die Dynamik in der Weltraumforschung und Weltraumindustrie, sowohl auf internationaler wie auf nationaler Ebene. Er reagiert darauf auf Basis einer zukunftsfähigen Weltraumpolitik und der daraus abgeleiteten Instrumente wie des vom SBFI als Kompetenzzentrum des Bundes für Raumfahrtfragen entwickelten Swiss Space Implementation Plan (SSIP 2018-2020, Revision des SSIP 2014-2023) sowie über die Teilnahme der Schweiz an den Wissenschafts- und Technologieprogrammen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).
2. Der Bundesrat garantiert eine kohärente und integrierte Weltraumpolitik einerseits durch den Interdepartementalen Koordinationsausschuss für Raumfahrtfragen (Ikar), welcher für die Abstimmung der Raumfahrtaktivitäten innerhalb der Bundesverwaltung zuständig ist. Andererseits berät die Eidgenössische Kommission für Weltraumfragen (EKWF) den Bundesrat in der strategischen Beurteilung des Raumfahrtsektors und unterstützt ihn bei der Erarbeitung und Anpassung von Massnahmen.
3. Der Bundesrat beobachtet die Entwicklungen genau. Durch die Sicherstellung guter Rahmenbedingungen bei der Teilnahme der Schweiz an Programmen der ESA und darüber hinaus (beispielsweise am europäischen Programm für Satellitennavigation Galileo) kann die Schweizer Raumfahrtindustrie ihre Wettbewerbsposition für weltweite institutionelle und private Märkte sichern und kontinuierlich ausbauen. Im Rahmen der ESA-Programme ist dabei die Ausgewogenheit von Konkurrenz und Zusammenarbeit ein Garant für Exzellenz und Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Akteure.
4. Der Bundesrat integriert nationale, internationale und ausländische Kompetenz einerseits über die Teilnahme an den Programmen der ESA und eine aktive Rolle in den Koordinations- und Steuerungsorganen der ESA, andererseits aber auch über die bereits erwähnten nationalen Koordinationsmechanismen Ikar und EKWF (siehe oben Frage 2). Initiativen wie das ESA Business Incubation Center (welches die gesamte Schweiz abdeckt) und Aktivitäten im Rahmen des Swiss Space Center ermöglichen, dass neue Akteure und neue technologische und wissenschaftliche Entwicklungen erkannt und zielgerichtet in das Raumfahrt-Ökosystem im weiteren Sinne integriert werden. Die Bundesverwaltung verfügt über ein gutes Netzwerk und pflegt informelle Kontakte zu den eingangs erwähnten internationalen und ausländischen Organisationen. Diese tragen dazu bei, dem Bundesrat ein gutes Gesamtbild der Entwicklungen im Raumfahrtbereich zu ermöglichen.
5. Das SBFI verfolgt weiterhin die internationalen Entwicklungen. An der Ausgangslage hat sich seit der Beantwortung der Interpellation 16.3554, "Rohstoffgewinnung im Weltraum", nichts geändert.
6. Die Schweiz hat vier der fünf UN-Verträge im Weltraumbereich ratifiziert. Bislang wurden diese Verträge nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt, und es besteht somit kein spezifischer nationaler Rechtsrahmen für Weltraumtätigkeiten. Folglich ist auch der Weltraumtourismus nicht spezifisch reglementiert.
7. Im Rahmen der regelmässigen Überprüfung der Schwerpunkte in der Raumfahrt (SSIP 2018-2020, siehe oben Frage 1) passt der Bundesrat jeweils die Massnahmen zur Umsetzung der Weltraumpolitik an. Dazu gehört auch die Frage, inwiefern sich die Prioritäten bei den institutionellen Partnern (ESA) in Bezug auf die "Sicherung des Zugangs zum Weltraum" verändern. Die Schweizer Weltraumindustrie insgesamt ist breit und gut genug aufgestellt, um in verschiedenen Geschäftsfeldern im Raumfahrtsektor erfolgreich zu sein.